Der Start
So, da sind wir nun also. Endlich startklar! Das große Abenteuer kann beginnen.
Noch schnell zurück nach Rostock gedüst, Tetanusimpfung abgeholt, die Glühbirne gewechselt – Heins ist ein wahrer Glühbirnenfresser – und los geht’s.
Aus Jessys Heimat Bad Bramstedt ist das erste Ziel, die dänische Grenze zu überqueren und somit Deutschland für lange Zeit hinter uns zu lassen.
Zugegeben, den Start hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt. Die Strapazen der letzten Tage und Wochen sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Der Regen, mit dem wir Deutschland verlassen, tut sein Übriges. Von der Magie des unbeschwerten Vanlife ist noch nicht viel zu spüren.
Nach ein paar Stunden Fahrt ermüden wir und beschließen, den ersten Schlafplatz zu suchen.
Und siehe da: Der Himmel klart auf, die Sonne kommt heraus und wir finden einen schönen Schlafplatz am Vejle Fjord.
Die Zeit für unser Ritual ist gekommen: Wir haben uns vorgenommen, in jedem neuen Land, welches wir bereisen, quasi wenn wir „neuen“ Boden unter den Füßen haben, zu dem Song „Afraid no More“ von Bukahara barfuß zu tanzen. Also Schuhe aus, Musik an und einfach fühlen:
„I don't want to be afraid no more
I wanna break out and rise up to the skies
I don't want to feel this pain no more
I wanna stay up there and close my eyes
And let the world dance around me"
Geschafft, aber glücklich genießen wir unseren ersten Sonnenuntergang als Aussteiger und irgendwie ist sie nun doch zu spüren, die Magie.
Zwei Tage Dänemark
In den zwei Tagen, die wir in Dänemark verbrachten – wir sind Montagabend los- und Donnerstagvormittag weitergefahren – haben wir uns Silkeborg angeschaut und am Strand von Hirtshals das Wetter und die Weite genossen.
Highlight war zudem, die Besteigung des höchsten Bergs Dänemark, den Yding Skovhøj.
Mit seinen 170 m hat der Weg vom Einstieg bis zum Gipfel ganze fünf Minuten gedauert und war somit unfassbar kräftezehrend. Der Aufstieg war Bestandteil einer unserer Reise-Challenges, welche somit erfolgreich bewältigt wurde. (Zur Challenge gelangt ihr hier)
Ansonsten waren die Tage eher dadurch geprägt, dass wir uns mit unserem neuen Leben im Van arrangieren mussten. Da noch nicht jedem Passagier seine Aufgaben bewusst waren, verliefen die ersten Tage etwas holprig. Die häufigsten Fragen waren: „Hast du das gesehen?“, „Wo hast du das hin gepackt?“ und „Kannst du das bitte dahin zurücklegen, wo du es hergenommen hast?“.
Eine weitere Sache, auf die wir zwar eingestellt, aber in dem Moment dann doch nicht vorbereitet waren, war Regen. Wir waren zwar schon öfter mit Heins im Urlaub, aber ausschließlich in der Sonne. Somit waren die ersten Regenschauer in Dänemark eine im Nachhinein willkommene Generalprobe für das, was uns später noch erwarten wird. Im Innenraum kochen und essen, Zähne putzen und waschen. Alles kein Problem mehr.
Norwegens Süden
Nach einer ruhigen Nacht nahe Hirtshals machten wir uns schließlich auf den Weg zur Fähre, die uns nach Kristiansand bringen sollte. Während wir anstanden, wuchs bei mir bereits die Anspannung. Ich bin in solchen Situationen immer leicht nervös. Hat mit der Buchung alles funktioniert? Ist mit unseren Ausweisen alles gut? Was ist mit unseren Impfnachweisen? Habe ich Eddie eigentlich angemeldet? Vielleicht liegt meine Nervosität daran, dass ich ab und an etwas verplant bin. Vielleicht sind es aber auch einfach nur meine Gene.
Jessy hingegen ist völlig entspannt. Während ich mich mit feuchten Händen am Lenkrad festklammerte, versuchte sie sich damit, in ihre Handykamera zu sprechen, was in einem ausgiebigen Lachflash endete. Davon angesteckt, sank auch meine Anspannung. Der Wohnwagen vor uns rollte los und der Weg zur Fähre war nun auch für uns frei. Also Gang rein und los.
Müssen wir nicht irgendwo kontrolliert werden? Mist! Der Wohnwagen vor uns stand gar nicht in einer Schlange an, sondern an der Einlasskontrolle. Durch das Gelache sind wir glatt daran vorbeigefahren. Im Rückspiegel sah ich dann schon den Mitarbeiter heftig in unsere Richtung gestikulieren. Also Rückwärtsgang rein und zurück.
Letztendlich hat dann aber natürlich doch alles problemlos geklappt. Die Einreise in Norwegen war ebenfalls unspektakulär. Wir hatten noch in Deutschland die für Eddie vorgeschriebene Entwurmung uns testieren lassen, ihn bei der Einreise beim Zoll angemeldet und das war dann auch schon alles.
In Norwegen fuhren wir zunächst ein Stück Richtung Osten, bevor es anschließend an der Westküste Richtung Norden weitergehen sollte.
Der erste Ort, den wir besichtigten, war Risør. Risør ist ein kleines charmantes Hafenstädtchen ca. 200 km südwestlich von Oslo. Von nun an ging es für uns nur noch Richtung Westen bzw. Norden.
Nach der Jettegrytene på Sild, eine natürliche Pool-Landschaft am Meeresufer, war der nächste Halt an einem See nahe Fidje. Dort standen wir zwei Tage wunderschön abgelegen und lernten neben einigen superlieben Norwegern, die uns mit reichlich Tipps versorgten, auch ein Berliner Pärchen kennen. Vanessa und Robbi reisten ebenfalls mit Hund und entpuppten sich als willkommene Begleiter. Nach einem gemeinsamen Abendessen folgte noch ein Kartenspiel, welches mich stark an Skat bzw. Wizzard erinnerte. So oder so konnte ich die erste von zwei Runden für mich entscheiden. Jessy gewann die zweite, so dass wir zufrieden ins Bett gehen konnten.
Eines der Highlights aus der ersten Woche war im Übrigen der Kauf der SIM-Karte für unseren WLAN-Router. Nach unserer Recherche sollte es relativ einfach sein, sich mit Datenvolumen auszurüsten. Angetrieben von dem Wunsch Freunde, Familie und alle anderen, die sich für unser Abenteuer interessieren, mit Insta-Stories zu füttern, klapperten wir diverse Supermärkte, Tankstellen und Elektrofachgeschäfte ab. Nachdem wir in Lillesand endlich ein Geschäft gefunden hatten, welches das passende Angebot für uns bereithielt, wurde unsere Geduld hart auf die Probe gestellt.
Aus irgendeinem Grund konnten wir mit unserer Visakarte kein Datenvolumen dazu buchen. Während der eigentliche Kauf der SIM-Karte lediglich fünf Minuten gedauert hat, waren weitere 90 Minuten nötig, um das benötigte Datenvolumen aufzuladen. Nach unzähligen Versuchen, sowohl in der App als auch am Rechner, griff die Mitarbeiterin, die uns ganze zwei Stunden trotz vollen Ladens zur Seite stand, zum Hörer, um beim Kundenservice anzurufen. Aber auch dieser konnte uns nicht helfen. Die Verzweiflung war uns wahrscheinlich anzusehen, eventuell waren es auch die unzähligen Kunden, die warteten; so oder so zog die Mitarbeiterin schlussendlich ihre eigene Karte, buchte damit unser Datenvolumen und wir bezahlten, wie auch immer, den Betrag an der Kasse.
Als wir den Laden verließen, wussten wir gar nicht was uns mehr verwundert hat: Zwei Stunden zu benötigen, um eine Prepaid-Karte zu besorgen oder wie geduldig uns diese unfassbar liebe Frau geholfen hat. Wir konnten unser Glück kaum fassen.
Das war sie also, unsere erste Woche. Nach einigen Tagen waren wir im Flow und das Leben mit und in Heins wurde merklich leichter, so dass wir uns mehr auf das Wesentliche konzentrieren konnten: Auf Norwegen.
Schon nach den ersten Tagen erahnten wir, wieso alle von diesem Land so schwärmen. Auch wir haben uns auf Anhieb verliebt und freuen uns auf das, was noch vor uns liegt…
Jessy, Flori und Eddie
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