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#Woche 2 - Teil 1: Die Bergsteiger von der Ostsee

Nachdem wir uns in der ersten Woche in Heins eingelebt haben, endlich alle Gegenstände ihren festen Platz gefunden hatten und auch wieder dorthin zurückgelegt wurden, war die zweite Woche von unfassbar schönen Ausblicken, von zahlreichen Wanderungen und von einigen Wiedersehen geprägt.

Bevor wir die erste größere Wanderung starteten, führte unser Weg nach Flekkefjord. Die Kleinstadt wurde vor allem im 17. und 18. Jahrhundert durch den Holzhandel mit den Niederlanden geprägt. Charakteristisch dafür ist der schöne Stadtteil Hollenderbyen, durch den wir uns eine Weile treiben ließen. Mit Kaffee und Zimtschnecke wurde der Besuch abgerundet. Zu erwähnen ist zudem noch, dass wir in Flekkefjord zufälligerweise auf Vanessa und Robbi trafen, mit denen wir ja bekanntermaßen zwei Tage verbrachten. Warum das erwähnenswert ist? Weil wir trotz der Größe Norwegens immer wieder Leute trafen, mit denen wir bereits in Kontakt getreten waren. Aber dazu später mehr.

 

Die Vielseitigkeit Norwegens – Den einen Tag Wandern und den nächsten Tag zum Strand

 

Der nächste Stopp und unsere erste „richtige“ Wanderung brachte uns an den Brufjell, welcher in erster Linie für seine Höhlen bekannt ist.

Voller Freude endlich unsere komplette Wandermontur nutzen zu können, machten wir uns also auf den Weg Richtung Gipfel. Die Wanderung war als mittelschwer eingestuft, was uns zu Beginn etwas überraschte, da wir anfänglich so unsere Probleme hatten. Wir, damit sind Jessy und ich gemeint. Eddie war von Problemen nichts anzumerken. Der sprang von Stein zu Stein und meisterte jede Hürde mühelos. Brenzlig wurde es lediglich, als die heimischen Schafe ihn auf ihrer Koppel erblickten.

Vielleicht sollte zu unserer Verteidigung noch ergänzt werden, dass wir (als Kinder der Küste) wahrscheinlich einfach nur überrascht waren, von den steilen Anstiegen und von dem von-Stein-zu-Stein Gekletterte. Von daher relativierte sich das Ganze auch recht schnell und nach einer kurzen Weile kamen wir deutlich besser zurecht. Egal, ob einfach oder nicht, steil und schweißtreibend war der Anstieg allemal.

Belohnt wurden wir allerdings mit einem traumhaften Ausblick auf die Nordsee. Diese Mischung aus Gipfelwanderung und Meeresausblick wird uns noch zahlreiche weitere Male begeistern.

Oben am Gipfel lernten wir zudem noch Lena und ihren Partner kennen. Wir machten gegenseitig Bilder von uns und flachsten ein wenig rum. Uninteressant? Da gebe ich euch recht. Lena wird allerdings später nochmal in Erscheinung treten.

Nach einem abenteuerlichen Abstieg waren wir nach gut drei Stunden froh, wieder in Heins zu sitzen. Geschlafen haben wir in dieser Nacht übrigens unbeabsichtigt an einer für die Norweger wahren Attraktion: An dem Wackelfels Ruggesteinen. Gelegen an einem schönen Flusslauf, bereiteten wir unser Abendessen zu und stellten erstaunt fest, dass viele Menschen (also viel, für die Verhältnisse Norwegens. D.h. vielleicht zehn Personen) zu diesem Felsen marschierten, ihn anfassten und Fotos davon knipsten. Das machte uns natürlich neugierig. Die Hinweistafel gab dann Aufschluss und besagte, dass eben dieser Stein mit 74 Tonnen Nordeuropas größter beweglicher Felsbrocken sei. Natürlich probierte auch ich ihn zu verschieben. Also Hände ran an den Felsen, alles reinlegen und… Nichts. Ich musste ernüchtert feststellen, dass sich da aber mal so gar nichts bewegt. Wahrscheinlich bin ich einfach zu schwach und das fehlende Training macht sich bereits bemerkbar. Vielleicht sind die Norweger als Nachfahren der Wikinger auch einfach viel stärkere Männer als ich. Oder aber, der Felsbrocken ist gar nicht beweglich. Generell war es einfach amüsant zu beobachten, wie viele Besucher extra die Hauptstraße verließen, um diesen für uns unspektakuläreren Stein zu sehen. Allerdings unterstreicht diese Tatsache auch, dass die Norweger einfach extrem stolz auf ihr Land sind und jeden Winkel davon lieben. Wir mögen das.

Am nächsten Tag folgte nach der Wanderung mit dem anspruchsvollen Anstieg auf den Brufjell dann ein krasser Kontrast: Wir besuchten bei knapp 30°C den Strand von Brusand. Dort erwartete uns neben puderweißen Sand auch glasklares, aber ebenso eiskaltes Wasser. Jessy ließ sich von diesen Temperaturen nicht abschrecken und kühlte sich gleich einmal ab. Bei mir hat es nicht mal bis zu den Knien gereicht.

Während wir dort in der Sonne brutzelten und Eddie beim Schnarchen lauschten (er ist ein wahrer Sonnenanbeter), wurde uns bewusst, wie außergewöhnlich vielseitig dieses Land ist. Den einen Tag wandern und den nächsten Tag am Strand liegen; so hatten wir es in Norwegen nicht erwartet.

 

Waschtag in Stavanger

 

Weiter Richtung Norden statteten wir anschließend Stavanger einen Besuch ab. Die Stadt ist wirklich sehenswert und versprüht gerade durch die bunten Häuser in der Øvre Holmegate eine enorme Lebensfreude. Ein weiteres Highlight Stavangers war für uns Wäsche waschen. Über einen Salon hatte Jessy sich natürlich im Vorfeld schlau gemacht. Im Waschsalon hatten wir neben Waschmaschinen auch Trockner zur Verfügung und somit sollte es keine Probleme geben. Überraschung! Es gab doch ein paar Probleme. Zum einen packen wir in der Regel nicht unsere komplette Wäsche in den Trockner und zum anderen war die Wäsche, die im Trockner war, noch klamm. Somit standen wir mit frischgewaschener nasser Wäsche im Zentrum Stavangers und mussten uns erstmal überlegen, wie wir damit umgehen. Heins wurde provisorisch umgerüstet, so dass wir dort zumindest vorübergehend die Wäsche aufhängen konnten. Als Konsequenz daraus beschlossen wir, unseren ersten Stellplatz anzusteuern, der uns etwas kostete. Die 20 Euro bezahlten wir gerne, da wir dort ausreichend Platz zum Wäsche aufhängen hatten und einen asphaltierten, also sauberen Untergrund. Außerdem lag er bereits auf dem Weg zum Preikestolen, den wir am nächsten Morgen besuchen wollten.

 

Der Preikestolen und ein ganz besonders Bild

 

Für dieses Highlight hatten wir uns vorgenommen, besonders früh aufzustehen, um mit der aufgehenden Sonne den Gipfel zu erreichen. Demzufolge hieß es am Vorabend früh zu Bett gehen, damit wir mit dem Klingeln des Weckers drei Uhr morgens fit sind. Beides klappte nur halb so gut: Abends kamen wir noch immer nicht mit der Helligkeit zurecht und waren dementsprechend lange wach und das Wecker Klingeln misslang insofern, dass ich ihn versehentlich auf zwei statt drei Uhr morgens stellte. Jessys Freude war eher verhalten, als ich den Fehler bemerkte.

Trotz der kurzen Nacht starteten wir wie geplant um vier Uhr mit der Tour und wurden dafür reichlich belohnt. Auf dem Weg zum Gipfel begegneten wir nicht einer Menschenseele und hatten somit nicht nur den Weg für uns allein, sondern konnten auch in Ruhe den heranbrechenden Tag genießen. Die Mischung aus Morgennebel und aufgehender Sonne verlieh dem Ganzen einen besonders mystischen Charakter.

Ca. anderthalb Stunden benötigten wir für die Wanderung. Am Gipfel selbst waren wir dann nicht mehr die Einzigen. Einige der 15-20 Gleichgesinnten hatten dort oben die Nacht verbracht; andere wiederum sind noch früher gestartet als wir. Der Schönheit für diesen Moment tat das allerdings keinen Abbruch. Bei klarster Sicht, der Nebel verzog sich langsam, hatten wir wirklich atemberaubende Aussicht. Eine gute Stunde verbrachten wir oben, in der wir immer wieder überwältigt wurden von neuen Lichtverhältnissen. Glücklicherweise hatte Jessy bereits am Vortag ein dickes Stullenpaket geschmiert, welches wir oben genüsslich verdrückten.

Selbstredend haben wir auch zahlreiche Fotos geschossen, aber wie so oft können Bilder nicht den Moment einfangen und ihn entsprechend wiedergeben. Ein in unseren Augen besonders schönes Bild gelang dann allerdings Lena. Ja, die Lena, die wir drei Tage zuvor auf dem Brufjell kennengelernt hatten. Auch sie besuchte an diesen Morgen den Preikestolen, erkannte uns dann wieder und knipste von weitem schnell ein Foto. Welch glücklicher Zufall das doch war, dass genau in dem Augenblick, in dem Jessy, Eddie und ich an der Spitze des Preikestolen stehen, jemand von den 15 anwesenden Menschen uns kannte und dann auch noch ein Foto schoss.

Auf dem Rückweg wurde es dann merklich voller und somit wurde uns nochmal vor Augen geführt, wie gut unsere Entscheidung war, so früh zu starten.

Bevor wir weiter Richtung Bergen fuhren, wartete allerdings noch die erste warme Dusche unserer Reise auf uns. Unsere freundlichen „Nachbarn“ von dem Parkplatz, auf dem wir schliefen, verrieten uns am Vorabend, dass in den 20 Euro, die wir für die Nacht bezahlten, auch eine Dusche im Preis enthalten sei.

Gut, dass wir die nicht verpasst haben, denn das Gefühl der warmen Dusche, war mindestens genauso gut, wie der Ausblick vom Preikestolen.

 

Die Weiterfahrt an dem Tag war sehr anstrengend. Während Jessy nach wenigen Minuten in einen komatösen Schlaf verfiel, versuchte ich noch ein paar Kilometer zu machen. Gute zwei Stunden fuhr ich, bevor wir auf einer Fähre landeten, die ich laut Google Maps nehmen musste, ohne wirklich zu wissen, wo sie uns hinbringt. Ich stellte erleichtert den Motor ab und siehe da: Jessy schaute auch kurz hoch. „Sind wir auf einer Fähre? Wo fahren wir hin?“. Da bemerkte ich, dass ich überhaupt keine Ahnung hatte, wo wir waren, was aber mir ziemlich egal war. Ich war einfach nur froh, ebenfalls schlafen zu können. In dem Moment, als ich das dachte und gerade zur Antwort ansetzen wollte, schlief Jessy im Übrigen schon wieder tief und fest.

 

Bevor ihr auch ermüdet, möchte ich mit diesem kleinen Nickerchen den ersten Teil der zweiten Reisewoche abschließen.

Beim Durchblättern meines Notizheftes und dann letztendlich auch beim anschließenden Schreiben ist mir bewusst geworden, wie unglaublich viel passiert ist und wie viel wir unternommen haben. Vielleicht kann ich schon mal für den zweiten Teil dieser Woche vorwegnehmen, dass der Tag nach dem Nickerchen auf der Fähre noch lange nicht für uns beendet war. Wenn man morgens um vier Uhr wandert, hat man um 21 Uhr doch wieder Kraft…

Kommentare: 3
  • #3

    Manne (Dienstag, 10 August 2021 12:54)

    Einfach toll, ich bin neidisch. Teile eurer Strecke kenne ich auch und es stimmt: Eine tolle und wahnsinnig abwechslungsreiche Gegend.
    Weiterhin viel Spaß und liebe Grüße,
    Manne

  • #2

    Nadja (Sonntag, 08 August 2021 13:17)

    Happy Birthday liebe Jessi��� ��wir wünschen dir ein tollen Tag und viele zauberhafte Momente mit deinen liebsten��☀️���� habt eine wunderschöne Zeit auf eurer großen Reise ���� bleibt gesund und passt auf euch auf�
    Liebe Grüße Alex & Nadja

  • #1

    Alex (Samstag, 07 August 2021 22:55)

    Mega schön!!! Genießt es und bleibt vor allem Gesund