Nachdem die zweite Woche in erster Linie durch eine Vielzahl von Wanderungen geprägt war, beginnt unsere dritte Reisewoche mit etwas Kultur.
In Borgund besichtigten wir die dortige Stabkirche, die als eines der ältesten Holzgebäude Europas gilt. Faszinierend war neben der eigentlichen Bauart vor allem, dass, obwohl es sich um eine christliche Kirche handelt, so viel heidnische Symbolik verbaut bzw. versteckt wurde.
Anschließend sollte unsere Reise in den Jotunheimen Nationalpark führen, wo wir u. A. auf dem bekannten Besseggen-Grat wandern wollten. Doch die Tour erwies sich für uns als erster kleiner Dämpfer.
Während wir morgens in Borgund noch herrliches Wetter hatten, wurde es mit zunehmender Fahrzeit und somit auch mit zunehmender Höhe immer windiger. An unserem Stellplatz angekommen, wurde der Wind nach einiger Zeit zu einem Sturm. Etwas unentschlossen, ob wir die geplante Wanderung trotz des Sturms am nächsten Tag überhaupt antreten wollten, recherchierten wir zunächst einmal, ob die Tour überhaupt für Hunde geeignet ist. Die Aussagen, die wir dazu fanden, waren sehr unterschiedlich und stärkten unsere Unentschlossenheit. Nach einigem Hin und Her entschieden wir uns dennoch dafür, die Fähre (die Tour ist keine Rundwanderung) für den nächsten Morgen zu buchen, was sich bereits in der Nacht als Fehler erwies. Der Sturm nahm nochmals zu und wir hatten zeitweise das Gefühl, dass wir mit Heins umgeweht werden. Dementsprechend wenig Schlaf haben wir gefunden. Als am nächsten Morgen um sechs Uhr der Wecker klingelte, gesellte sich zu dem Sturm und unserer Müdigkeit noch ein leichter Regen hinzu, was letztendlich den letzten Funken Energie und Motivation aus unseren Körpern trieb. Demzufolge nahmen wir die Fähre nicht.
Ziemlich genervt diskutierten wir schließlich darüber, ob wir warten und eine spätere Fähre nehmen bzw. die Tour auf den nächsten Tag verschieben sollten, oder aber, ob wir weiter Richtung Norden fahren.
Ich war so angefressen, dass ich für Letzteres plädierte. Im Nachhinein ärgert es mich ein wenig, dass wir nicht gewartet haben. Dabei geht es mir gar nicht so sehr darum, dass wir die Wanderung nicht angetreten haben, sondern viel mehr, dass ich zeitlichen Druck verspürt habe. Ich wollte den Tag nicht einfach so verstreichen lassen. Aber letztendlich ist genau das ja der Luxus, den wir uns von unserer Reise erhoffen.
Retter des Tages war im übrigen Jessy´s ehemalige Arbeitskollegin Anna. Anna, eine wahre Norwegenliebhaberin und -expertin, hat uns quasi als Abschiedsgeschenk einen eigenen Reiseplaner erstellt, in dem neben einer Routenempfehlung und zahlreichen Highlights auch nützliche Tipps enthalten waren. Etwas ratlos wendeten wir uns also an sie. Als sie hörte, dass wir den Besseggen-Grat sausen ließen, war ihre Enttäuschung zwar offensichtlich, aber umgehend empfahl sie uns eine weitere Wanderung nahe Geiranger. Die relativ kurze Tour lag direkt auf unserer Route und führte uns zu einem Wasserfall. Rechtzeitig zur Wanderung kam übrigens auch die Sonner heraus.
Glücklich den Tag doch noch positiv gestaltet zu haben, genossen wir bei Kaffee und Waffeln den Blick über den imposanten Geiranger Fjord.
Über den berüchtigten und ebenso stark befahrenen Trollstigen ging es dann weiter Richtung Norden.
Eine weitere, ebenfalls von Anna empfohlene Wanderung, führte uns am nächsten Tag zur Trollkirka, die Trollenkirche. Bei dieser Wanderung kamen endlich unsere Stirnlampen zum Einsatz. Nicht etwa, weil es nachts auf einmal dunkel wurde, sondern weil am Ende der Wanderung Höhlen besichtigt werden konnten. Völlig allein und, wie so oft in Norwegen, ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen zwängten wir uns einzeln durch die Höhlen. Der Mix aus Enge, Finsternis und Eiseskälte ließ das Adrenalin in die Höhe schießen.
Doch damit noch nicht genug für diesen Tag. Das wirkliche Highlight, des Tages, ach, was rede ich: Der ganzen Woche, wenn nicht sogar der bisherigen Reise folgte in dem kleinen Fischdörfchen Bud.
Wir waren in knapp drei Wochen Norwegen sehr diszipliniert, doch an diesen Abend war es vorbei mit der Disziplin. Wir gönnten uns zwei saftige Pizzen und zelebrierten sie, als hätten wir in den drei Wochen gar nichts gegessen.
Pizza und die Atlantikstraße in Norwegen: Eine unglaublich gute Kombination.
Die nächsten Tage waren dann überwiegend durch schlechtes Wetter, insbesondere Regen geprägt. Dementsprechend viel Zeit verbrachten wir in Heins.
Mit den sinkenden Temperaturen sank auch unsere Stimmung. In Trondheim wuschen wir erneut unsere Wäsche und luden unser Datenvolumen auf. Für einen wirklichen Stadtbummel fehlte uns aufgrund des Regens die Motivation.
Glücklicherweise schaute am nächsten Morgen kurz einmal die Sonne hervor, was wir umgehend für einen ausgiebigen Spaziergang nutzten, auf dem wir sogar Himbeeren für unser Frühstück fanden.
Das Stimmungshoch hielt allerdings nur kurz an, da erneuter Regen nicht lange auf sich warten ließ.
Wir hatten mittlerweile drei Tage nicht geduscht, der Wetterbericht sah nicht sehr rosig aus und bis Bodø (von dort legt die Fähre Richtung Lofoten ab) waren es noch immer 350 km, zum Nordkap gar noch 1.300 km.
Jessy war davon gar nicht begeistert und wäre am liebsten sofort zurück Richtung Süden gefahren. Während ich nach der nicht angetretenen Wanderung ein Tief hatte, hatte es nun sie erwischt. Glücklicherweise sind wir ja nicht alleine unterwegs und wenn einer mal nicht so gut drauf ist, holt ihn der andere da wieder raus. Sollten wir allerdings beide mal ein Tief haben, muss Eddie wohl einiges an Energie aufwenden, um das zu überstehen.
Letztendlich einigten wir uns darauf, dass wir auf jeden Fall auf die Lofoten wollten und buchten dementsprechend auch das Fährticket von Bodø. Da uns nicht nur der Regen zu schaffen machte, sondern es nachts auch merklich kälter wurde und nicht davon auszugehen war, dass uns am Nordkap wärmere Temperaturen erwarteten, legten wir die Expedition Nordkap zunächst einmal auf Eis.
Als wir am übernächsten Tag Bodø erreichten, gesellte sich zum Regen nun auch Sturm hinzu. Unsere Laune war beim kurzen Stadtbummel demzufolge im Keller.
In Bodø endet auch der Bericht über unsere dritte Reisewoche. Aber natürlich werden wir diesen Beitrag nicht so negativ bzw. vermeintlich negativ auslaufen lassen.
Beim Spaziergang durch Bodø gingen wir an einem Outdoorausrüster vorbei, der an seinem Schaufenster folgenden Spruch plakatiert hatte: It's All About The Experience.
Exakt die gleichen Worte hatte uns auch Jessy´s Mutter mit auf den Weg gegeben, als wir Deutschland verließen. Amüsiert und gleichzeitig auch etwas beschämt betrachteten wir das Schaufenster und ließen uns ihre Worte nochmal durch den Kopf gehen. Natürlich ist nicht immer alles perfekt und schon gar nicht kann immer die Sonne scheinen. Letztendlich waren es nur ein paar Regentage. Wir haben gerade die Zeit unseres Lebens und da sollten uns ein paar dunkle Wolken und etwas Wind nicht die Laune verderben. So einfach und kitschig das auch klingt, aber letztendlich sind es ja auch genau diese Erfahrungen, die uns stärken werden.
Dementsprechend motiviert und deutlich besser gestimmt setzten wir auf die Lofoten über. Und siehe da: Auch das Wetter war wieder auf unserer Seite.
Jessy, Flori & Eddie
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