Herzlich Willkommen zu unserer vierten Reisewoche!
Los geht’s mit der Fährüberfahrt von Bodø auf die Lofoten.
Nachdem wir in Bodø mit reichlich Sturm und Regen verabschiedet wurden, erreichten wir Reine gegen 22:30 Uhr. Da es mittlerweile praktisch keine Nacht mehr gab (wir hatten bereits den nördlichen Polarkreis überquert), machten wir noch am Abend einen ausgiebigen Spaziergang, der uns bereits erahnen ließ, was für ein Paradies auf uns wartete.
Geschlafen haben wir im Übrigen am südlichen Ende der Insel, im kleinen Dorf Å i Lofoten. Von dort aus hatten wir dann die komplette Inselgruppe vor uns.
Am nächsten Morgen nieselte es zwar noch immer ein wenig, aber der Wetterbericht stimmte uns optimistisch. Zum Wetterbericht sollte vielleicht noch gesagt werden, dass wir uns in den seltensten Fällen auf ihn verlassen konnten. Genauso vielfältig und abwechslungsreich wie die Natur ist nämlich auch das Wetter in Norwegen. Wenn tiefe dunkle Wolken am Himmel stehen, kann hinter der nächsten Kurve schon strahlender Sonnenschein auf einen warten. Also vertrauten wir nur auf den Bericht, wenn er gutes Wetter voraussagte und an diesem Tag sollte er tatsächlich Recht behalten.
Vormittags noch in dicke Regenjacken gehüllt, wanderten wir am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein oberkörperfrei auf den Reinebringen.
Die Wanderung war nicht sonderlich anspruchsvoll, aber dafür umso anstrengender. Im Prinzip bestand sie aus einer großen Treppe, die uns die 448 m zum Gipfel führte.
Zum Ausblick, der uns oben erwartete, möchte ich eigentlich gar nicht mehr viel sagen, da ich bereits in den vorherigen Berichten so viele Superlative verwendet habe und mir mittlerweile keine passenden Worte mehr einfallen, die diese Schönheit beschreiben könnten. Wir waren einmal mehr überwältigt, aber am besten schaut ihr euch nachher einfach die Bildergalerie an und bewertet selbst.
Vom Gipfel aus konnten wir auch gut erkennen, dass auf der Insel weit verbreitet Holzgerüste aufgestellt waren. An diesen Holzgerüsten lassen die Fischer Kabeljauköpfe trocknen. Das sieht nicht nur super gruselig aus, sondern es riecht auch nicht sonderlich angenehm. Apropos riechen: Wann hatten wir eigentlich das letzte Mal so richtig geduscht? Wenn man über diese Frage länger nachdenken muss, ist es definitiv mal wieder an der Zeit. Euphorisiert von der Wanderung, leisteten wir uns eine heiße Dusche und gingen frisch gewaschen und mit voller Vorfreude auf den nächsten Tag zu Bett.
Dort folgte nämlich bereits die nächste Wanderung, welche uns auf den Ryten und zum Kvalvika Beach bringen sollte. Die Aussicht auf dem Ryten war nicht ganz so überwältigend, wie zuvor auf dem Reinebringen, was vielleicht daran lag, dass oben angekommen, dichter Nebel uns erwartete und wir keine zehn Meter weit schauen konnten. Dennoch ist das Besteigen eines Berges immer etwas Besonderes. Gerade an diesem Tag war die Wanderung mehr eine Willlensfrage, denn ein schöner Ausflug. Da wir bereits beim Aufstieg erkennen konnten, dass der Gipfel im Nebel liegt, hätten wir auf halber Strecke zu unserem zweiten Ziel, dem Kvalvika Beach abbiegen können. Neben der schlechten Aussicht, die uns oben erwartete, kam an diesem Tag hinzu, dass die Wanderung mir körperlich sehr schwer fiel. Auf einmal bemerkte ich, dass ich 15 Jahre Sport in den Knochen hatte, meine Allergie machte sich auch bemerkbar und seit wann war der Rucksack eigentlich so schwer? Glücklicherweise war Jessy fit und motiviert und zog mich mit nach oben. Endlich am Gipfelkreuz angelangt und nach kurzer Verschnaufpause, setzte dann auch das Gefühl ein, welches ich eingangs erwähnte und was in meinen Augen das Besteigen eines Berges so besonders macht: Wir haben uns ein festes Ziel gesetzt, der Unwegsamkeit getrotzt und alles darangesetzt, dieses Ziel zu erreichen. Sollte es nicht immer so im Leben sein?
Ok, ok wir waren auf keinem 6.000er und wahrscheinlich werde ich etwas zu philosophisch, aber ich glaube, die Message ist angekommen.
Hinab nahmen wir dann wie angedacht den Abzweig zum Kvalvika Beach. Der Strand ist nur über einen abenteuerlichen Abstieg zu erreichen und dementsprechend relativ leer. Wir suchten uns eine geeignete Stelle und bereiteten unser spätes Frühstück zu. Die Wanderung in den Knochen und den leeren Strand vor Augen konnten wir uns keinen besseren Ort für eine Mahlzeit vorstellen.
Der Weg zurück hielt dann noch einige Tücken für uns bereit, oder wenn man ehrlich ist, war es nur meine Dummheit bzw. meine Abneigung gegenüber gleicher Rückwege, die uns zu schaffen machte.
Es gab zwei Wege, die zum Strand führten. Auf dem einen kamen wir an und der andere, so dachte ich, würde uns direkt zum Parkplatz bringen. Ich war mir sicher, unten am Parkplatz ein Schild gesehen zu haben, welches Kvalvika Beach auswies. Nun ja, natürlich führte uns der Weg nicht zu unserem Parkplatz, sondern zur anderen Seite des Berges. Der kleine Fehler meinerseits zog sechs zusätzliche Kilometer für uns nach sich.
Glücklicherweise konnten wir aber nach bereits fünf Minuten einen Busfahrer rauswinken, der uns den Großteil der Strecke mitnahm. Die Norweger sind einfach liebe Menschen.
Die kommende sowie die darauffolgende Nacht verbrachten wir auf der Westseite der Insel auf einem Parkplatz mit Strandzugang und fantastischen Blick auf das Meer. Während in der ersten Nacht gegen 22 Uhr Wolken bzw. Hochnebel aufzogen, konnten wir in der zweiten Nacht den wunderschönen Sonnenuntergang bis zum Ende genießen. Gegen 23:40 verschwand die Sonne am Horizont, bevor sie gegen zwei Uhr morgens wieder aufging. Beim beobachten des Sonnenuntergangs bekamen wir zudem noch unerwarteten Besuch: Eine Gruppe Schweinswale zog vorbei.
Unsere Nächte wurden entsprechend der nicht vorhandenen Dunkelheit auch immer kürzer. Kurios war allerdings, dass trotz der kurzen Nächte unser Energielevel spürbar gestiegen ist. Wir fühlten uns erstmals völlig erholt. Ein Gefühl, welches für mich völlig neu war und in den zwei bis drei Wochen Urlaub, in denen wir normalerweise umherreisten, wohl kaum zu erreichen war.
Auf diesem besagten Parkplatz lernten wir zudem Nils und Tatjana kennen, ein Paar Mitte 40, welches, wie der Zufall es will, aus Stralsund kommt. Wie es in Norwegen für uns mittlerweile üblich ist, trafen wir die beiden in Unstad wieder. Unstad, wohl der nördlichste Surfspot Europas, ist ein kleines Dorf, welches jedes Jahr zahlreiche Surfer anzieht.
Doch bevor wir uns in die Fluten warfen, stand selbstredend eine weitere Wanderung auf dem Programm. Als wir auf dem Bergrücken des Mannen entlang wanderten, konnten wir kaum glauben, dass wir uns im nördlichen Europa und nicht in der Karibik befanden. Wir blickten auf türkisblaues Wasser und puderweiße Strände. Als wir uns an dem Strand, den wir zuvor noch von oben aus betrachteten, abkühlen wollten, machte uns die Wassertemperatur allerdings schnell klar, dass wir nicht in der Karibik waren.
Die nächsten beiden Tage verbrachten wir dann, wie bereits erwähnt, in Unstad mit Nils und Tatjana. Die beiden strahlen eine ungemeine Lebensfreude sowie Herzlichkeit aus und luden uns sogar auf einen Umtrunk in ihren Van ein. Bis 1:00 Uhr morgens saßen wir zusammen und redeten über Gott und die Welt. Als wir rüber zu Heins gingen, stellten wir wieder verblüfft fest, dass es einfach nicht dunkel wird und dass wir theoretisch sogar surfen gehen könnten. Wie schön diese langen Tagen doch waren.
Surfen waren wir in der Nacht allerdings nicht mehr, aber dafür am Morgen. Jessy fühlte sich etwas kränklich und hat zudem nur einen äußerst dünnen Neoprenanzug dabei, so dass sie lieber von draußen zuschaute. Bei 12°C Wassertemperatur und heftigen Wind war es definitiv die richtige Entscheidung. Ich bin zwar mit einem dickeren Neo ausgestattet, aber im Vergleich zu den Locals, die mit Haube, Handschuhen und Booties im Wasser waren, muss ich wie ein ziemlicher Trottel ausgesehen haben. Trotz der Kälte habe ich bei bescheidenen Surfbedingungen anderthalb Stunden im Wasser ausgeharrt und zumindest einige Wellen angepaddelt. Beim Warten auf Wellen, und ich musste lange warten, betrachtete ich immer wieder die Szenerie um mich herum, was mir ein dickes Grinsen aufs Gesicht zauberte. Egal wie sehr ich auch zitterte; an keinem Ort wollte ich in diesem Moment lieber sein.
Hätte ich damals gewusst, dass drei Tage später genau an der gleichen Stelle ein zweieinhalb Meter großer Hai gesichtet wird, hätte sich zu dem Grinsen vielleicht auch etwas Angst hinzugesellt.
Da in Unstad heftiger Sturm aufzog, beschlossen wir weiterzuziehen und auch wenn die Woche noch nicht ganz geschafft ist, soll der Beitrag an dieser Stelle enden. Abschließen wollen wir unsere vierte Reisewoche und im Prinzip auch Norwegen mit einem separaten Bericht. Dieser wird ausschließlich von unserem Trip zum Nordkap handeln und somit auch wieder um einiges kürzer sein. Ihr dürft gespannt sein.
Jessy, Flori & Eddie
Kommentar schreiben