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#Woche 4, Teil 2 - 1x Nordkap, Hin und Zurück bitte

Aufmerksame Leser und Leserinnen wissen, dass wir die vierte Woche noch nicht komplett abgeschlossen haben und der letzte Beitrag im schönen Unstad endete. Ein Ereignis, welches uns dort ereilte und unsere weitere Reise maßgeblich beeinflussen sollte, haben wir allerdings ausgelassen. Unser kleiner Abenteurer, der zuvor alle anspruchsvollen Wanderungen problemlos gemeistert hat, durfte sich ausnahmsweise mal ohne Leine (in Norwegen herrscht überall Leinenpflicht) am Strand austoben. Und da passierte es: Im feinen Sand, also sozusagen auf heimischen Terrain, hatte Eddie sich vertreten und fing an zu humpeln.

Zur Beruhigung aller: Eddie geht es gut und hat sich nicht wirklich etwas getan. Allerdings war uns klar, dass weitere Wanderungen für einige Tage nicht möglich waren. Zudem muss ergänzt werden, dass die Wetteraussichten ebenfalls nicht dazu einluden, große Touren zu starten.

Die Konsequenz daraus war, dass wir uns früher als gedacht, damit auseinandersetzen mussten, wo uns die weitere Reise hinführen sollte. Letztendlich stand noch immer die Frage im Raum, ob wir zum Nordkap oder bereits Richtung Süden fuhren.

Von unserem Stellplatz auf den Lofoten bis zum Nordkap waren es etwas mehr als 900 km. Bis nach Kiruna in Schwedisch Lappland, welches unser nächstes Ziel darstellte, waren es knapp 600 km.

 

Ich wusste, dass Jessy nichts von der Anziehungskraft des Nordkaps verspürte, und dennoch würde sie den Weg mir zur Liebe auf sich nehmen. Es lag also an mir. Sollten wir wirklich zwei Tage im Auto sitzen, nur um den nördlichsten Punkt Europas einen Besuch abzustatten? „Nun ja, Eddie musste sich ja eh schonen, hier ist das Wetter ohnehin nicht mehr so toll und wenn man schon mal auf der Ecke ist, sollte man diese Chance doch nicht verstreichen lassen.“ So, oder so ähnlich waren meine Gedanken und letztendlich, wenig überraschend, fiel die Entscheidung dann auch zu Gunsten der „Mission Nordkap“ aus.

 

Der Plan am nächsten Morgen war, so weit wie möglich zu fahren und im Bereich Alta nach ca. zwei Dritteln des Weges eine Nacht zu pausieren. Als wir in Alta ankamen und uns mit Pizza stärkten, beschlossen wir jedoch, den Plan über den Haufen zu werfen und auch noch den Rest des Weges zu absolvieren. Neben dem Energieschub, der uns durch die Pizza verabreicht wurde, war zudem die Temperatur dafür ausschlaggebend. Mehr als eine Nacht wollten wir auf keinen Fall so hoch oben im Norden verbringen. Als wir eine Pause zum Gassi gehen einlegten, hatten wir 1°C Außentemperatur, starken Wind und feinen Nieselregen. Für uns Sonnenanbeter ist es kaum vorstellbar, dass in diesen Breiten Menschen überleben können.

 

Um 23:00 Uhr hatten wir noch 25 Kilometer vor und mittlerweile 13 Stunden Autofahrt hinter uns. Da es den ganzen Tag geregnet hatte oder zumindest stark bewölkt war, bekamen wir kein Tageslicht zu Gesicht und jegliches Zeitgefühl war wie ausgelöscht. Da auch für unsere Körper „Biorhythmus“ an diesem Tag ein Fremdwort war, waren wir fest entschlossen noch am selben Abend zur berüchtigten Klippe zu fahren und zudem einige Kilometer wieder zurück Richtung Süden heranzuhängen. Wenn wir doch nur etwas schneller fahren könnten… Der Nebel war mittlerweile so dicht, dass wir kaum 50 Meter weit schauen konnten. Moment mal, Nebel? Wir konnten im Auto kaum was sehen und legten es dennoch darauf an, unbedingt zum Nordkap zu fahren? Scheinbar waren durch die lange Autofahrt auch unsere Gedanken etwas vernebelt. Klar, das Wetter dort oben ist äußerst wechselhaft und es ist nicht unwahrscheinlich, dass man nicht mit den besten Aussichten gesegnet ist, aber in diesem Moment zwingend den Rest der Strecke zurücklegen zu wollen, erschien uns dann doch als nicht sehr clever. Vielleicht haben wir ja am nächsten Tag mehr Glück. Eine Nacht mussten wir dort oben ohnehin verbringen. 20 Kilometer vor dem Nordkap legten wir uns dann letztendlich schlafen, um am nächsten Morgen in aller Frühe und mit hoffentlich besserem Wetter den nördlichsten Punkt Europas zu erreichen.

Und siehe da: Das Glück war auf unserer Seite. Als ich sieben Uhr morgens die Vorhänge beiseite zog, fiel mein Blick auf eine Rentierherde, die ca. 150 Meter vor uns graste. In diesem Moment freute ich mich so sehr über die süßen Rentiere, dass ich gar nicht realisierte, wie viel Glück wir eigentlich hatten. Noch am Abend als wir den Stellplatz bezogen, konnten wir nicht mal den kleinen Abhang sehen, der 15 Meter von uns entfernt war und nun konnten wir eine Rentierherde in freier Wildbahn beobachten. Und da war ja noch was! Wir wollten zum Nordkap. Euphorisiert von der Aussicht, die uns wohl erwartete, weckte ich Jessy und Eddie. Jessy teilte meine Euphorie zunächst nur begrenzt. Sie war noch ziemlich zerknautscht von der Fahrt am Vortag. Als wir dann aber 15 Minuten später am Nordkap eintrafen, die einzigen waren und auch noch freie Sicht genießen durften, war auch sie glücklich und vielleicht verspürte sie nun doch etwas von der Anziehungskraft dieses magischen Ortes.

 

Nun ist die alles entscheidende Frage, ob sich dieser Aufwand gelohnt hat. Wahrscheinlich nicht. Und dennoch sind wir froh, dort gewesen zu sein. Eine sehr politische Antwort, da die Frage damit nicht wirklich beantwortet wird, ich weiß.

Landschaftlich ist das Nordkap in unseren Augen nicht sonderlich spektakulär. Da haben wir auf unser bisherigen Reise beeindruckendere Orte besucht.

Natürlich geht es an so einem Punkt aber auch eher um das Gefühl, welches man verspürt.

Ich persönlich empfand es dort oben, 300 Meter über dem Meer, in die Ferne hinauszublickend, sehr besonders und auf eine gewisse Weise hat es mich berührt, zu wissen, dass danach nicht mehr viel kommt.

Jessy hatte ähnlich starke Gefühle verspürt bzw. war ähnlich berührt. Sie wusste nämlich in diesem Moment, am nördlichsten Punkt Europas, dass wir nicht weiter Richtung Norden fahren konnten und unsere Reise endlich Richtung Sonnenschein verlaufen wird. Der Trip zum Nordkap ist also vielleicht wirklich eher so ein „Männer-Entdecker-Ding“.

Als wir wieder in Heins einstiegen und uns durch die 100 Wohnmobile schlängelten, die auf dem Parkplatz standen, ging auch bei mir diese gewisse Abenteurer-Romantik etwas verloren.

So besonders ist das Nordkap dann am Ende eben doch nicht.

Apropos Ende: Für uns endete mit diesem Besuch auch unsere Reise durch Norwegen.

Eine Reise, die uns vom ersten Tag an begeistert hat, durch ein Land, in welches wir uns definitiv verliebt haben. In unserem ausführlichen Fazit über die vier Wochen in Norwegen fassen wir nochmal zusammen, was die Reise für uns so besonders gemacht hat.

 

Auf ins Schwedisch Lappland

 

An dem Tag, an dem wir Norwegen verließen, legten wir übrigens erneut über 900 Kilometer zurück. Damit sind wir bei über 1.800 zurückgelegten Kilometern in zwei Tagen. Nie wieder!

Völlig gerädert, genervt und dennoch froh, ein neues Kapitel öffnen zu können, bezogen wir einen Camping-Platz nahe Kiruna in Schwedisch Lappland. Der Campingplatz kostete uns pro Nacht 25 Euro; Wäsche waschen war dabei inklusive. Da unsere Schmutzwäschebeutel bereits eine alarmierende Größe angenommen hatten und wir bei unseren bisherigen Waschsessions ebenfalls um die 25 Euro zahlten, war dieser Platz für uns ein wahrer Jackpot. Als wir dann auch noch feststellten, dass sogar eine Sauna inklusive war, verlängerten wir spontan um eine weitere Nacht.

In den zwei Tage versuchten wir in erster Linie unsere Körper wieder auf Vordermann zu bringen. Die langen Touren machte sich doch sehr bemerkbar. Daher trieben wir etwas Sport, gingen spazieren, genossen die Sauna und schliefen viel.

 

Die zwei besagten Tage waren nur der Anfang einer deutlich entspannteren Zeit. Norwegen hat Spuren bei uns hinterlassen. Wir mussten alle Eindrücke erstmal verarbeiten. Nicht nur die landschaftlichen Highlights mussten verarbeitet werden, sondern auch die Tatsache, dass wir bereits über einen Monat unterwegs und seit bereits anderthalb Monaten ohne Job waren, hatten wir noch immer nicht ganz realisiert.

Warum Schweden und Finnland dabei für uns genau zur rechten Zeit kamen, werden wir im nächsten Beitrag ausführlich darstellen.

 

 

 

Jessy, Flori & Eddie


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