Wie beginnen wir einen einfachen Blog-Beitrag, über einen Abschnitt auf unserer Reise bzw. gar einer Episode in unserem Leben, mit dem bzw. mit der wir wahrscheinlich ein ganzes Buch füllen könnten?
Die Zeit im Janga Wonderland hatte für uns alles parat: Freude und Trauer, neue Freunde und Menschen, die man nicht zwingend wiedersehen möchte, kaputte Reifen sowie kaputte Zähne… Wir feierten das erste Weihnachtsfest fernab der Heimat und haben einen riesigen Schritt in unserer Lebensplanung gemacht.
Aber vielleicht ordnen wir das Ganze einmal und fangen chronologisch an.
Jessy und ich hatten uns bereits im Vorfeld unserer Reise vorgenommen, die Wintermonate in der Sonne zu verbringen und möglichst ein paar Wochen zu arbeiten, um ein wenig Geld zu sparen. Die Wunschvorstellung war, dass wir für ein paar einfache Arbeiten umsonst in einem Surfcamp leben können.
Irgendwann Mitte Oktober begannen wir dann nach Camps, die Unterstützung brauchten, Ausschau zu halten. Wir gingen die Sache relativ halbherzig an und hatten daher enormes Glück, dass unser Freund Marcel, den wir vor einigen Jahren in Marokko kennengelernt haben, mit einem heißen Tipp um die Ecke kam.
Marcel und seine Freundin Jessy (Ja, noch eine Jessy) waren eine Woche Ende Oktober zum Surfen in Portugal unterwegs und wo kamen die beiden unter? Genau! In einem Surfcamp, welches ständig auf der Suche nach helfenden Händen ist.
Marcel, der glücklicherweise auch noch mit dem Inhaber, der auf den Namen Yoyo hört, befreundet ist, stellte den Kontakt her und nach dem ersten Telefonat wurden wir von Yoyo zu einer Art „Kennenlern-Woche“ eingeladen. Puh, ich merke gerade selbst, dass die Konstellation gar nicht so einfach ist, aber ich hoffe, ihr konntet mir folgen.
In dieser Woche, die wir natürlich in den Zeitraum legten, als Marcel und Jessy auch dort waren, ging es dementsprechend darum, dass sich Yoyo und seine Freundin Julia ein Bild von uns machten und einschätzen konnten, ob wir vertrauenswürdig sind. Der Deal sah nämlich vor, dass wir über Weihnachten und Silvester insgesamt drei Wochen auf das Camp aufpassen. Neben der Gästebetreuung zählte da vor allem das Betreuen der Haustiere dazu. Immerhin sprechen wir von fünf Katzen einem Hund und sogar einem Huhn. Im Gegenzug dafür wurde uns angeboten, dass wir umsonst im Camp leben und alle Angebote nutzen können.
Für uns war das natürlich ideal und genau das, was wir angestrebt hatten. Aber es kam noch besser, doch vorher möchte ich noch von der ersten Woche im Janga Wonderland berichten, denn da ist auch einiges passiert.
Zum Janga Wonderland sei gesagt, dass Yoyo und Julia ein wirkliches Wunderland erschaffen haben. Insgesamt drei Häuser verteilen sich auf der riesigen Anlage und jedes Haus bringt seine eigene Besonderheit mit. Dort ein Self-Made-Homekino, da eine gemütliche Chillarea am Kamin und wiederrum woanders ein Saloon mit Billardtisch. Außerdem findet man ein bestens ausgestattet Gym, einen kleinen Wellnessbereich mit Sauna sowie einen Yogaraum, in dem Jessy gar ihre Tanzkurse geben konnte.
Ach ja, und wer noch immer nicht weiß, wie man seine Zeit herumkriegen soll, der kann auf dem eigens angelegten Golfplatz ein paar Bälle abschlagen. Die Angebote bzw. die Möglichkeiten sind schier grenzenlos und das besonders Schöne an der großen Anlage sowie an den drei Häusern ist, dass man auch für sich selbst sein und Trubel aus dem Weg gehen kann.
Jetzt habe ich noch immer nichts über die erste Woche erzählt. Nun aber los.
Nach dem freudigen Wiedersehen mit Marcel und Jessy ließen wir nicht viel Zeit verstreichen und landeten direkt am Billardtisch, um uns ein paar packende Duelle zu liefern. Aber viel wichtiger als Billard waren natürlich die gemeinsamen Stunden im Wasser.
Dort ging es allerdings eher harsch zu. Direkt, nachdem ich das erste Mal rausgepaddelt bin, wurde ich von einem Einheimischen ziemlich deutlich darauf hingewiesen, wer an dem Spot Vorrechte hat. Die Local-Szene in dem Ort ist ziemlich rau und im Lineup (der Bereich, kurz bevor die Welle bricht und wo sich somit alle Surfer tummeln) herrscht nicht gerade die freundlichste Atmosphäre. Wir haben dennoch einige schöne Tage im Wasser erlebt und große Fortschritte auf unseren Brettern gemacht.
Was gab es sonst?
Wir haben endlich mal wieder eine richtig große Party gefeiert! Der Anlass dafür war Marcels Geburtstag und nach den ruhigeren Monaten auf unserer Tour tat es enorm gut, mal wieder alles rauszulassen. Am nächsten Morgen machte sich allerdings das fehlende „Party-Training“ in Form eines riesigen Katers bemerkbar. Ich versuchte noch zu surfen, aber nach einer halben Stunde im Wasser musste ich erkennen, dass ich definitiv keine 20 mehr bin.
Ich wünschte, dass ich das nun Kommende ebenfalls auf die Partynacht schieben könnte, aber da war ich komplett zurechnungsfähig.
Heins musste in die Werkstatt.
Marcel und ich waren mit Heins auf dem Weg zum Surfspot – die beiden Jessy´s waren mit der Surfschule separat unterwegs – als uns ein aufmerksamer Autofahrer via Lichthupe signalisierte, dass etwas mit unserem Auto nicht stimmte. Ich hatte auf dem Camp-Gelände eine Ecke übersehen und mir einen Platten gefahren.
Glücklicherweise sind wir gut abgesichert, so dass wir umsonst abgeschleppt werden konnten. Wir mussten zwar knapp drei Stunden an der Autobahn warten, was aber auch nicht weiter tragisch war. Yoyo half zudem beim Dolmetschen und sorgte dafür, dass alles reibungslos ablief. Nach drei Tagen konnte ich Heins mit zwei neuen Reifen aus der Werkstatt abholen.
Wenn man bedenkt, an welche Ecken wir Heins schon gebracht und durch welches Gelände wir ihn manövriert haben, ist es schon ein wenig absurd, dass genau dort etwas passiert, wo eigentlich gar nichts passieren kann.
Apropos absurd: Auch hier wünschte ich, ich könnte eine andere Geschichte auftischen, die z.B. folgendermaßen beginnt: „Bei der zweieinhalb Meter Welle wollte ich gerade…“, aber ich bleibe bei der Wahrheit. Mir ist beim Aufbeißen eines Ketchup-Tütchen ein Stück Zahn abgebrochen. Auch das ist ebenso wenig dramatisch, wie ein kaputter Reifen, aber im Ausland bekommen solche Dinge immer eine besondere Würze.
Glücklicherweise konnte mir auch hier Yoyo helfen. Er kannte einen Zahnarzt und besorgte mir unmittelbar einen Termin, so dass ich bereits nach wenigen Tagen wieder mein schönstes Lächeln auspacken konnte.
So, genug von den kaputten Rädern und abgebrochenen Zähnen. Ihr fragt euch sicherlich schon, ob wir in der „Kennlern-Woche“ Yoyos und Julias Vertrauen gewinnen konnten. Ich hatte ja bereits angedeutet, dass der „Deal“ für uns noch besser war, als wir uns erträumen konnten.
Für die drei Wochen, in denen wir das Camp betreuen sollten, durften wir einfach so lange umsonst bleiben, wie wir wollten. Das war ein unglaublich großzügiges Angebot, für das wir unfassbar dankbar waren bzw. noch immer sind.
Wir wollten eigentlich bis Anfang Dezember, also noch ca. drei Wochen, den Süden Portugals bereisen und anschließend wieder zurückkehren. Den Plan hatten wir nach diesem Angebot aber zumindest vorerst über den Haufen geworfen.
Maßgeblichen Anteil an dieser Entscheidung hatte auch die Begegnung mit Sophie und Micha. Die beiden, oder viel mehr die drei, denn sie waren ebenfalls mit Hund unterwegs, lernten wir im Camp kennen und merkten direkt, dass zwischen uns die Harmonie stimmt.
Micha und Jessy, beides Löwen vom Sternzeichen, konnte man eigentlich nicht zusammen in einen Raum stecken, da die beiden sich mit ihrer positiven Energie gegenseitig so hoch pushten, dass alle Umherstehenden das Weite suchen mussten.
Wir verstanden uns mit den beiden gar so gut, dass wir unsere Pläne abermals über den Haufen geworfen haben und uns für zehn Tage ein Ferienhaus im Süden Portugals zusammen mieteten.
Dort bestanden unsere Tage aus surfen und essen. Jessy und Micha, die beide in der Küche zu brillieren wissen, haben ein schmackhaftes Gericht nach dem anderen gezaubert und sich dabei jedes Mal selbst übertroffen.
Abends saßen wir dann vor dem Kamin und sinnierten über das Leben.
Die Begegnung und die Zeit mit Micha und Sophie war wieder einmal von der Kategorie „außergewöhnlich“. Außergewöhnlich, weil wir mit uns völlig fremden Menschen nach nur einer Woche Kennenlernen einen zehntägigen „Urlaub“ in einem Ferienhaus machten und es sich nicht einmal merkwürdig angefühlt hat. Wir sind unendlich dankbar, dass wir diese lieben Menschen kennenlernen durften und haben sie definitiv fest in unser Herz geschlossen.
Bevor es für uns zurück ins Janga Wonderland ging, machten wir noch einen kurzen Abstecher nach Lissabon. Ich wollte mir unbedingt das Champions League Spiel zwischen Sporting Lissabon und Borussia Dortmund anschauen. Dieses Ereignis haben wir natürlich mit einem kurzen Ausflug durch diese wunderschöne Stadt verbunden. Wir waren nicht das erste und hoffentlich auch nicht das letzte Mal in Lissabon. Die Stadt ist laut, bunt und irgendwie chaotisch; einfach lebendig. Wir lieben es dort.
Zum Spiel muss gar nicht viel gesagt werden. Jessy genoss es mit den Portugiesen zu singen und zu feiern. Für mich als BVB-Sympathisant stand das Erlebnis vor dem Ergebnis.
Zurück im Camp wartete Yoyo schon mit einer besonderen Aufgabe auf uns. Wir sollten als Werbegesichter für das Janga Wonderland herhalten und einige Spots für deren Instagram-Account drehen.
Sophie und Micha kommen beide aus der TV-Branche und waren natürlich für die Aufgabe prädestiniert. Jessy war ebenfalls Feuer und Flamme. Meine Freude vor der Kamera zu stehen, hielt sich allerdings zunächst in Grenzen, wurde aber nach dem Abdrehen des ersten Clips merklich größer, da das Ganze uns so unfassbar viel Spaß bereitet hat.
Zwischen all diesen Ereignissen hatte ich zudem meinen ersten Remote-Auftrag. Eines Tages, als wir mal Zeit hatten über unsere Zukunft nachzudenken, ist mir ein Rostocker Unternehmen, welches an einer innovativen Lösung der Energiegewinnung geforscht hat, in den Sinn gekommen. Ich wollte schauen, wie das Unternehmen aufgestellt ist und habe entdeckt, dass sie von einem Schweizer Unternehmen aufgekauft wurden. Dieses Schweizer Unternehmen habe ich einfach angeschrieben und gesagt, dass ich irgendwie Teil des Projekts sein möchte bzw. gefragt, ob ich in irgendeiner Form helfen kann. Daraufhin habe ich einen Blogartikel für deren Newsletter geschrieben.
Das hat uns, bzw. insbesondere mir – Jessy ist ja ohnehin sehr offen – gezeigt, dass sich ohne Engagement und Eigeninitiative kaum Türen öffnen. Man muss schon mal die Hand auf die Klinke legen oder zumindest einmal anklopfen, damit jemand aufmacht.
So, genug von den klugen Sprüchen und genug von diesem Beitrag. Dieser endet nun nämlich mit dem tränenreichen Abschied von Sophie und Micha sowie Hündin Millie. Die drei haben Ende November nach fünf Wochen das Camp verlassen und ein großes Loch bei uns hinterlassen.
Für uns bedeutete der Abschied ein neues Kapitel im Janga Wonderland. Nach der ganzen wilden und verrückten Zeit folgte im Dezember nämlich eine deutlich ruhigere und dennoch genauso intensive Zeit. Das erste Weihnachten fernab der Heimat stand vor der Tür, was uns deutlich zu schaffen machte.
Aber dazu kommen wir im nächsten Beitrag.
Jessy, Flori & Eddie
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